Ein höchst interessanter Artikel erschien diese Woche auf der Guardian Webseite, einer hochwertigen britische Tageszeitung, und ich empfehle jedem der Englisch spricht, sich diesen einmal durchzulesen. Der Journalist und Autor des Buches „Who are we – and should it matter in the 21st century?”, Gary Younge, diskutiert die Signifikanz von Sprachen während der letzten und in diesem Jahrhundert. Ausgangspunkt des Artikels ist die kürzlich stattgefundene Parlamentswahl in Belgien, welche die nationalistische Neu-Flämische Allianz (NVA) als stärkste politische Kraft etablierte. Hauptagendapunkt der NVA ist die Unabhängigkeit von Flandern, dem holländischen Dialekt sprechenden Teil Belgiens (mehr dazu hier). In einem Land wie Belgien mit 3 verschiedenen Amtssprachen wird eine Sprache schnell zum Politikum.

Younge zeigt weiter, wie historisch gesehen, Sprachen ein politisches Instrument waren, welches Nationalitäten aufgesetzt bekamen und nicht, wie man meinen sollte, erschufen. Deutlich wird das durch Beispiele aus Italien, wo zum Zeitpunkt der Vereinigung und Auserkorung Italiens nur etwa 2,5% der Bevölkerung Italienisch sprachen und dieses jedoch zur Amtssprache wurde. Ebenso sprachen nur 12-13% der Franzosen korrektes Französisch zur Zeit der französischen Revolution. Selbst heute finden sich noch solche Fälle, wie Belgien zeigt. Aber auch Spanien hat neben dem offiziellen Spanisch, drei weitere regionale Dialekte (Katalanisch, Baskisch und Galicisch), welche ihre Anhänger haben und nicht zuletzt durch politische Auftritte ihre eigene Vormachtstellung verdeutlichen möchten.

Vielleicht werde ich mir auch das Buch zulegen. Auf jeden Fall wird hier ein sehr interessanter Aspekt von Sprachen besprochen, von dem viele wahrscheinlich nichts wissen. Selten hat mich zumindest ein Artikel so wachgerückelt und meine Perspektive zu Fremdsprachen in Frage gestellt.

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