Diese drei Buchstaben waren fast ein Jahrhundert lang in der Türkei verboten. Und: Welchen erstaunlichen Trick Lehrer anwenden müssen, um Kurdisch zu unterrichten.

Über 85 Jahren lang war es in der Türkei verboten, die Buchstaben Q, W und X zu benutzen. Warum? 1929 wird das Türkische (damals Osmanische) per Gesetz von arabischen auf lateinische Schriftzeichen umgestellt. Das Gesetz verbietet ausdrücklich, alle Schriftzeichen zu nutzen, die nicht im neuen türkischen Alphabet vorkommen. Da dies auch Q, W und X betrifft – die es im Kurdischen, nicht aber im Türkischen gibt – wurde das Gesetz dazu genutzt, die kurdische Minderheit zu benachteiligen.

Dieses Gesetz fand leider immer wieder Anwendung: 2005 wurden Kurden, die Transparente mit den betreffenden Buchstaben in die Höhe gehalten hatten, zu einer Geldstrafe von 100 Lire verurteilt. 2006 wurde Menschenrechtsaktivist Osman Baydemir angeklagt, weil er Karten mit Neujahrsgrüßen verschickte. Newroz Píroz be! lautet der Gruß auf Kurdisch – und enthält daher einen der verbotenen Buchstaben.

Recep_Tayyip_ErdoganErst vor wenigen Wochen, Ende September 2013, wurde von der Regierung unter Tayyip Erdogan angekündigt, diesen Umstand zu beenden. Sie will – auch als Reaktion auf die Proteste rund um den Gezi-Park – ein Demokratiepaket verabschieden. Dieses soll die Rechte der Kurden in der Türkei stärken. Die Kurden sind mit ca. 15 Millionen (also 18 Prozent Anteil an der Gesamtbevölkerung) die größte ethnische Minderheit in der Türkei. Lange wurden sie jedoch nicht anerkannt, was vor allem seit dem kurdischen Aufstand in den 1970er Jahren zu Gewalt führte. Erst seit Anfang 2000 werden den Kurden, wenn auch sehr langsam, wieder Freiheiten gewährt.

Mit den Reformen sollen auch kurdische Ortsnamen wieder erlaubt sein, an vielen Orten wurden diese von der Regierung abgeschafft und durch türkische ersetzt. Auch die Verwaltungen in den kurdischen Gebieten sollen in der Muttersprache mit den Bürgern kommunizieren dürfen. Viele Kinder haben diese Sprache allerdings verlernt, da sie in Schulen nicht unterrichtet werden durfte.

Mittlerweile darf in Privatschulen auch wieder Kurdisch gelehrt werden, was lange Zeit undenkbar war. Weder darf man das allerdings als Sprachkurs bezeichnen, noch Kurdisch als Muttersprache. Denn die Türkei erkennt weiterhin keine weitere Sprache außer Türkisch an. Dies ist in der Verfassung festgehalten, wo es heißt: „Außer Türkisch darf den türkischen Bürgern in den Bildungsstätten keine weitere Sprache als Muttersprache gelehrt werden.

392_kurdischUm dieses Gesetz zu umgehen, wird der Kurdischunterricht offiziell als Workshop angeboten. Also als Fremdsprache – Vor die Wahl gestellt entscheiden sich Schüler aus wirtschaftlichen Gründen dann aber lieber für Englisch oder Deutsch. Daher lautet die Forderung, Kurdisch als Muttersprache zu unterrichten. Dies ist von der Regierung allerdings nicht vorgesehen.

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